Allgemeines über den Jazzpool NRW
In vielen Zentren unseres Bundeslandes existiert eine in mehr als 50 Jahren gewachsene Kultur von Jazz und improvisierter Musik. Spätestens seit den 60er Jahren präsentiert sich der Jazz in NRW als eigenständige Kunstform, die es geschafft hat, sich von der ausschließlichen Prägung amerikanischer Formen zu emanzipieren.
Dieses Loslösen von statisch-tradierten und primär kommerziellen, weil lediglich unterhaltenden Stilformen, war möglich, da durch die animierende Förderung einiger großer Festivals und auch durch die kontinuierliche Produktionen des WDR, Programme ermöglicht wurden, die gezielt künstlerisch ambitionierte Formen des Jazz förderten.
Lokale Musikerzirkel, wie die in Düsseldorf, Wuppertal und Köln, erhielten ab den späten 60er Jahren eine rasch wachsende, überregionale Akzeptanz. Eine aktuell immer wichtiger werdende kulturelle Entwicklung ist das Aufeinanderzugehen von kreativen Künstlern unterschiedlicher Stilbereiche. Während in einem nicht mehr zu übersehenden Bereich der Neuen Musik, der Begriff Postmoderne dazu animiert, verstärkt rückwärtsgewandte, klassizistische Techniken aufzugreifen, ist der Jazz einen Weg gegangen, der frei jeder Dogmatik nahezu alle Grenzen durchlässig umspielt und zu Ergebnissen kommt, die von der Begegnung mit der so genannten Weltmusik, bis zur Zusammenarbeit mit zeitgenössischen Komponisten Musiken erzeugt, die in ihrer Kombinationsfreudigkeit zuvor unerhört waren.
Im Gegensatz zur eher statischen Haltung der Postmoderne, wird also immer noch ein Ideal gelebt, das vorwärts gerichtet ist. Neben dem künstlerischen Gewinn dieser Haltung besteht hier die berechtigte Hoffnung, der drohenden „Vergreisung“ des klassischen Musikbetriebs eine kreativ-lebendige Variante zur Seite zu stellen.
Unser Ziel ist es, die bereits existierenden hohen Qualitäten der NRW Jazz-Szene zu komprimieren. Unabhängig von der Bedeutung der kontinuierlich stattfindenden Arbeit in den einzelnen Städten, eignet sich das Medium der improvisierten Musik sehr dazu, die lokalen Leistungen zu bündeln und damit sowohl im Land, wie auch auf bundesweiten und internationalen Podien die Qualitäten des NRW Jazz darzustellen.
Der praktische Weg dazu liegt in der Gründung eines Ensembles, das als offene Gruppe, also mit wechselnden Besetzungen, an eigens konzipierten Programmen arbeitet. Dabei denken wir an eine mittelgroße, flexible Formation, die sich stilistisch von der klassischen Moderne bis zur Avantgarde bewegen können muss und sich auch interdisziplinären Aufgaben widmet.
Die einzelnen Projekte sollten stets themenbezogen sein, jedes Programm zeigt ein eigenständiges Profil. Bei der Wahl der jeweiligen Sujets suchen wir nicht nur jazzmusikalische Themen, sondern versuchen, durch gezielte Kontakte zu anderen Künsten neue Wege zu finden. Da der Jazz immer und überall ein „melting pot“ sich verbindender Kulturen war, ist die soziokulturelle Realität der NRW Metropolen dieser Kunstform besonders nah.
Im Vergleich zur klassischen Musik ist die Ausstattung der Jazzförderung immer noch sehr spartanisch. Mit der Verwirklichung unseres Konzepts hegen wir den Wunsch, einer Musik, die als immer typische urbane Gattung die kulturelle Besonderheit von NRW mit begründet hat, eine adäquate Präsentation zu ermöglichen. Die Idee von „Jazzpool NRW“ beinhaltet ganz klar, dass sie nicht in Konkurrenz zu anderen Programmen gerät, sondern durch die überregionale Sicht und wechselnden Bestzungen einen integrativen Effekt entwickelt, der viele der besten improvisierenden Musiker des Landes zusammenführen soll.
Wolfgang Schmidtke / Peter Weiss