
Heimatlieder – Presse
Heimatlieder des Jazz – Der „Jazzpool NRW“ führte sein drittes Projekt im Kölner Loft auf.
Förderung tut gut. Der „Jazzpool NRW“, vor zwei Jahren von Schlagzeuger Peter Weiss initiiert, weiß das auch: Er bekommt ein kleines Zubrot aus dem Kulturetat des Landes NRW, festgeschrieben auf drei Jahre. Die sind fast vorüber. Ob es eine Fortsetzung gibt ist ungewiss. Es wäre allerdings sehr bedauerlich, sollte diese minimale Subvention der Jazzszene NRW, die ohnehin größer ist als dass dies eine Alimentierung je abdecken könnte, wieder versickern.
Zwei Projekte zog der Jazzpool bislang durch, darunter ein Mingus-Programm. Das aktuelle Projekt mit dem Titel „Heimatlieder“ ist ein Spektakel, man könnte auch sagen: Ein Männerulk mit Dame. Im Kölner Loft bedienten sich Wolfgang Schmidtke (Saxophon), Matthias Schriefl (Trompete), Hans Reichel (Daxophon), Conny Bauer (Posaune), Christiam Ramond (Bass), Peter Weiss (Schlagzeug) sowie Ute Völker (Akkordeon) der Melodien, die fast jeder gewollt oder nicht, im Gedächtnis verankert hat. Von „So ein Tag, so wunderschön wie heute“ über „Hänschen klein“ bis zu den „Alten Kameraden“ reichte die Bandbreite. Gleichwohl bemühten sich die Jazzer, die Songs möglichst rasch ihrer Erkennbarkeit zu berauben, bis hin zu einer totalen Endfremdung. Dies hatte Witz und eine augenzwinkernde Ernsthaftigkeit, schließlich ging es nicht darum, „Heimatlieder“ der Lächerlichkeit preiszugeben. Ein schwieriger Balanceakt.
Von Martin Woltersdorf, KSTA, 23.11.07
Heimatlieder
Wenn die klassische Musik es heutzutage schwer hat, sich durchzukämpfen gegen den Schulterschluss von Pop und Quote oder aktuelle kulturpolitische Debatten, dürfte es Jazz schon gar nicht mehr geben. Jedoch: im Foyer des Schauspielhauses drängten sich die Befürworter dieser subtilen Kunst und genossen einen fabelhaften Abend der bemerkenswerten Reihe „Nachtfoyer“ unter dem Titel „Heimatlieder“.
Das Ankündigungsplakat hatte dazu thematisch passend einen röhrenden Hirschen platziert und wer nun glaubte, im tannengrünen Biedermeierland zu landen, hatte wohl noch nie etwas von der Herrenriege (Posaunist Conny Bauer, Trompeter Manfred Schoof, Saxophonist Wolfgang Schmidtke, Daxophonist Hans Reichel, Kontrabassisten Christian Ramond und Schlagzeuger Peter Weiss) mit Dameneinsatz – Ute Völker spielte Akkordeon – gehört.
Der Jazzpool NRW begab sich nämlich erklärtermaßen in ein klangliches Kuriositätenkabinett. Mit „So ein Tag, so wunderschön wie heute“ wurde der tonschöne Reigen eröffnet und viel, viel später in Ermangelung weiteren Zugabenmaterials wieder beendet. Dazwischen gab es wilde Soli und Improvisationen über Titelthemen von „Dallas“ und „Bonanza“, ausgediente Schlager wie „Marmor, Stein und Eisen bricht“, das Ostpreußenlied „Land der dunklen Wälder“, was der rot besockte Daxophonist Hans Reichel gerne Klaus Müller-Bürger, genannt Fongi, widmen wollte, die Eurovisionsmelodie und Marschmusik.
Diese Weite des ästhetischen Blickfeldes gefiel den Liebhabern besonderer Akustik wie Jan Kazda, R.M.E. Streuf und Eugen Egner und als die Herrschaften nun ihr Repertoire an Transformationen präsentiert hatten und die Zuschauer sich vor Begeisterung die Hände wund geklatscht hatten, war Feierabend. Leider.
Von Valeska von Dolega, WZ, 05.01.07